Liebe Piraten!

Wir, Stephanie, Stefan und Björn, haben eine sehr schwierige Entscheidung getroffen. Wie die meisten Mitglieder der Partei haben auch wir drei durch die Wahl des jetzigen Bundesvorstandes neue Hoffnung geschöpft. Die Partei handlungsfähiger machen, gemeinsam ihre Zukunft gestalten und wieder mit unseren politischen Inhalten und nicht wegen unserer internen Zwistigkeiten wahrgenommen werden – das war unser Ziel.

Der Ansatz der Piraten war und ist es, eine andere Politik, eine Politik des 21. Jahrhunderts zu machen. Durch Aktionen Einzelner wurden den Piraten in den letzten Monaten jedoch Themen und Verhaltensweisen aufgedrängt, die die ursprünglichen Ziele und die gesamte Ausrichtung in den Hintergrund geschoben haben. Hier müssen sowohl die Partei als Ganzes als auch jeder Einzelne dringend handeln, denn derzeit herrscht bei uns eine »Demokratie der Lautstärke«.

Der Bundesvorstand – und somit auch wir drei – trägt der Partei und ihrer Basis gegenüber eine Verantwortung, die er wahrzunehmen hat. Den Kurs, den Teile der Partei derzeit einschlagen, und die daraus erwachsenden Folgen können wir nicht mehr mittragen. Wir sind im Begriff, weite Teile unserer ideellen und personellen Basis zu verlieren.

Bei der derzeitigen Konstellation des Bundesvorstandes sehen wir keine Möglichkeit, dieser Entwicklung entgegenzusteuern oder auch nur einen Prozess des Umdenkens in Gang zu setzen. Es ist uns nicht gelungen, das von uns allen gewünschte Team zu bilden, das diese wichtigen Schritte gemeinsam hätte einleiten können und das gemeinsam für die ganze Partei agiert. Da unser Versuch, bezüglich der Ausrichtung eines vorzeitigen ordentlichen Bundesparteitags zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen, endgültig gescheitert ist, sehen wir nun leider keine andere Möglichkeit mehr, als diesen Vorstand zu verlassen.

Mit unserem Rücktritt aus dem Bundesvorstand wollen wir sowohl uns als auch Euch die Gelegenheit geben, die Piraten endlich von ihrem politischen Schlingerkurs zu befreien. Wir werden den Weg frei machen, um gemeinsam mit Euch allen daran zu arbeiten, einen handlungsfähigen Vorstand zu bilden, eine erneut starke Piratenpartei zu formen und klare Entscheidungen über den künftigen Kurs der Partei zu treffen.

Wir brauchen klare Verhältnisse. Dafür müssen wir gemeinsam entscheiden, wofür wir stehen, wohin wir gehen und mit welchen Mitteln wir diese Ziele erreichen wollen. Strukturen zum Interessensausgleich und das Ausbremsen von Seilschaften sind lange überfällig. Wir wollen nicht, dass die Piraten zu einer Partei werden, die wie andere auch Wasser predigt und Wein trinkt. Es geht um die Ideen und Ideale, mit denen die Piraten angetreten sind, um die derzeitige festgefahrene und etablierte Politik zu ändern, um Elemente einer Politik, die dem  21. Jahrhundert angemessen ist, entwickeln und implementieren zu können.

Wenn wir als Piratenpartei unsere Kernwählerschaft behalten und an vergangene Erfolge anknüpfen möchten, wenn wir unsere Ziele, für deren Verwirklichung wir in der Politik dringend benötigt werden, verteidigen wollen, dann muss jetzt dringend gehandelt und unser Ursprung wieder stärker betont werden. Die Piratenpartei wurde konzipiert als eine Partei, die für freie Netze und Netzpolitik im weitesten Sinne, für Bürger-, Menschen- und Grundrechte und gegen staatliche Überwachung steht. Diese Kernthemen sind für uns im Rahmen der vielzitierten Wertedebatte nicht zu verhandeln.

Wir treten nicht leichten Herzens zurück. Es ist nicht unsere Absicht, es uns leicht zu machen, sondern wir wollen für die Gesamtpartei Verantwortung übernehmen und den Weg für einen Bundesparteitag freimachen, auf dem wir Entscheidungen treffen können, um die Piratenpartei zu dem zu machen, was sie sein kann. Wir brauchen einen echten Neustart!

#RECLAIMYOURNETZPARTEI

Stephanie Schmiedke, Stefan Bartels, Björn Semrau