Statement des Bundesvorstands zur aktuellen Debatte um „Thanks Bomber Harris“-Aktion in Dresden

Die letzten Tage waren innerparteilich von der Diskussion um die Vorkommnisse am 13.02. 2014 in Dresden geprägt, über die der „Berliner Kurier“ Anfang der Woche berichtete.
Eine Aktivistin hatte sich im Stile einer Femen-Aktion die Worte „Thanks Bomber Harris“ auf den Oberkörper geschrieben. Diese Aussage, die Bezug nimmt auf die Bombardierung Dresdens im Februar 1945, wurde teilweise als Verhöhnung der zivilen Opfer der Bombenangriffe verstanden.

An den Bundesvorstand wurde die Bitte herangetragen, sich zu der Aktion, die Anne Helm zugeschrieben wird, zu äußern und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen. Wir haben uns allerdings dazu entschieden, an dieser Stelle nicht auf den Zug bloßer Behauptungen und Vorverurteilungen aufspringen, der von Boulevard und sozialen Netzwerken in Fahrt gesetzt wurde. Die Aktion selbst war keine Aktion im Namen der Partei. Wir identifizieren uns nicht damit und heißen sie auch nicht gut.

Unabhängig von den eigentlichen Vorfällen und den jeweiligen Protagonisten der Aktion sieht sich Anne Helm derzeit massiven Anfeindungen aus dem rechten Spektrum ausgesetzt. Diese reichen hin bis zu konkreten Gewaltandrohungen. Wir sehen uns in der Verantwortung für Anne als Mitglied der Partei und sprechen ihr hierzu unsere Solidarität aus.
Auch parteiintern vermissen wir in der aktuellen Debatte Respekt untereinander. Dieser ist, unabhängig von Art und Brisanz des Diskussionsgegenstandes notwendig. Dafür haben wir auf dem Bundesparteitag in Bochum geworben und bitten euch auch weiterhin bei politischen Meinungsverschiedenheiten respektvoll miteinander umzugehen.

 

Politisches Statement von Anne Helm zur „Thanks Bomber Harris“-Aktion in Dresden

Disclaimer: Der folgende Text stellt weder die Meinung des Bundesvorstands noch die Meinung der Piratenpartei Deutschland dar.

 

Da ich nun seit zwei Tagen aufgefordert werde, mich zu der Femen-Soli-Aktion am 13. Februar in Dresden zu äußern, möchte ich die Gelegenheit nutzen, den politischen Kontext ins richtige Licht zu rücken.
In der Nacht vom 13. Februar auf den 14. Februar, führte das Bomber Command der Royal Air Force einen schweren Luftangriff auf die Stadt Dresden durch. Der Luftangriff zerstörte weite Teile der Stadt und forderte wohl mindestens 25.000 Tote.

Dieser Angriff diente in der Vergangenheit als Begründung für Neonaziaufmärsche, die zeitweise mehrere Tausend Neonazis und andere Rechtsradikale aus ganz Europa mobilisierte. Die Tatsache, dass dieses Großevent heute nicht mehr existiert, ist antifaschistischen Gegenmaßnahmen zu verdanken, die trotz massiver Kriminalisierung durch die sächsische Justiz, Jahr für Jahr die Großdemonstrationen blockierte.

Nicht dazu beigetragen hat das Verhalten der Dresdner Lokalverwaltung, deren Gedenkpolitik nur als geschichtsklitternd bezeichnet werden kann.
Hierzu sind einige Dinge klarzustellen. Dresden war als Produktionsstandort und Umschlagplatz für die näherrückende Front alles andere als ein nicht-militärisches Ziel. Den Berichten von Zeitzeugen wie etwa Victor Klemperer folgend, stand ein Großteil der Bevölkerung noch hinter dem Naziregime. Klemperer, dessen Deportation aufgrund seiner jüdischen Herkunft kurz bevorstand konnte letztendlich durch das Bombardement fliehen. Weiterhin steht ähnlichen Opferzahlen in Hamburg, keine ähnliche geschichtsrevisionistische Gedenkkultur gegenüber. Selbstverständlich ist es zu betrauern, dass den Luftangriffe auch Unschuldige zum Opfer fielen.

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass dieser Krieg von Deutschland ausging und dass die ersten Städte, die durch Bombenangriffe zerstört wurden, der Luftwaffe zum Opfer fielen.
Es ist unverzeihlich, dass die Dresdner Verwaltung einen europaweiten Neonaziaufmarsch tolerierte und darüber hinaus versuchte wirksame Proteste dagegen im Keim zu ersticken. Ich bin daher dankbar, für jeden Protest gegen Neonazis an diesem Datum, wie auch ein klares Nein zur geschichtsrevisionstischen Überhöhung der Angriffe durch Teile der Dresdner Bevölkerung.
Den alliierten Streitkräften zu danken, die das Nazi-Regime besiegten, sehe ich nicht als falsch an. Kriegsopfer dürfen jedoch keinesfalls verhöhnt werden. Das hat kein Mensch verdient, weder die die ihre Leben verloren, noch die Überlebenden.