Am Abend des 24.11. wurde der Bundesvorstand der Piratenpartei darüber informiert, dass auf einem Pad kinderpornografisches Material und Links verteilt würden. Zuvor war schon im Verlauf des Nachmittag ein entsprechender anonymer Hinweis an die Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ gegeben worden.

Das übliche Verhalten von Providern ist in solchen Fällen, dass die entsprechenden Seiten isoliert und aus dem Netz genommen werden, gleichzeitig oder im Vorfeld wird die Polizei darüber informiert. Leider ist es aber so, dass die Etherpad-Installation der Piratenpartei keine direkten Sperrungen von Pads unterstützt.

Um Schaden von der Partei abzuwenden, wurde daher folgendes Vorgehen gewählt:

  1. Der Bundesvorstand (vertreten durch Bernd Schlömer) hat Anzeige bei der Polizei erstattet.
  2. Nach Entscheidung von Bernd Schlömer und Wilm Schumacher sowie der dringenden Empfehlung des zuständigen LKA wurde der Piratenpad-Server vom Netz genommen. Damit wurde die Verbreitung erst einmal gestoppt, um das Einleiten rechtlicher Schritte gegen den Bundesvorstand zu vermeiden.
  3. Eine PM wurde veröffentlicht, damit die Öffentlichkeit von uns und nicht von Dritten darüber informiert wird.
  4. Ein Dump des Piratenpad-Servers wurde erzeugt, damit gegebenenfalls der Inhalt und die History des Pads an die Polizei übergeben werden können. (Unter keinen Umständen wird der gesamte Dump übergeben, nur der betroffene Pad).
  5. Der entsprechende Pad wurde gelöscht.
  6. Der Padserver wurde wieder verfügbar geschaltet. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, wurde im Vorfeld kurz Rücksprache mit dem LKA gehalten.

Mittlerweile hat sich heraus gestellt, dass mit dem Pad mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht kinderpornografisches Material verteilt werden sollte, sondern dass Anonymous diesen Pad zur Koordination in ihrer Anti-Kinderporno-Aktion „OP Innocence“ nutzte.

Natürlich ist es für die Arbeit der Partei hinderlich, wenn der Padserver abgeschaltet wird. Das ist uns allen klar. Aber zum dem Zeitpunkt gab es keine andere Handlungsweise, die uns vor Schaden und rechtlichen und politischen Risiken bewahrt hätte.

Für die Zukunft werden wir verschiedene Optionen prüfen müssen. Wir werden mit Rechtsexperten und den Kriminalämtern Ansprechpartner und Vorgehensweisen klären.
Gleichzeitig werden wir prüfen, in wie weit eine Abkopplung der geschlossenen von den offenen Pads möglich ist (die IT prüft dies derzeit dankenswerter Weise!). Auch muss der Einbau eines Abuse-Buttons geprüft werden, damit die IT direkt über zweifelhafte Pads informiert werden kann.

Der Einbau einer „Pad isolieren“-Funktion wäre technisch leider relativ aufwändig. Das wird sich nicht in kurzer Zeit machen lassen, würde das Problem aber natürlich sehr elegant lösen.

An dieser Stelle möchten wir uns auch bei der Bundes-IT für die schnelle und engagierte Zusammenarbeit bedanken, bei Stephan und Kelda für die Vor-Ort-Hilfe und PM-Mitarbeit, und bei den Lektoren und der Pressegruppe für die nächtliche PM-Erstellung.

9 Kommentare zu “Padgate

  1. Wie wäre es wenn in Zukunft erstmal die Vorwürfe geprüft werden, anstatt gleich in Panik zu verfallen? Auf dem Pad standen zu keinem Zeitpunkt Links zu Kinderpornografie. Warum schafft es die Piratenpartei die groß verlauten lässt „Löschen statt Sperren“ nicht Kinderpornografie von Selbsthilfeforen (die teils sogar öffentlich lesbar sind) zu unterscheiden? Ich würde es begrüßen wenn sich der BuVo mit dem Thema auseinandersetzt, denn derzeit klingt ein „Löschen statt Sperren“ nur nach einer leeren Parole.

  2. Streitsucht

    Auch wenn ich mir jetzt wieder Schläge einfange:

    „Aber zum dem Zeitpunkt gab es keine andere Handlungsweise“

    Doch, die hätte es gegeben:
    1. Dump der Datenbank ziehen oder VM klonen.
    2. Entsprechende Pads in der Live-Instanz löschen (das kann Etherpad).

    Der Padserver wäre also nur die Zeit des Kopierens nicht am Netz gewesen.

    Viele Forensoftwares erlauben auch nicht das explizite Sperren von Inhalten, nur das Löschen. Ein solches Vorgehen wäre dort genauso notwendig gewesen.

    Wie mir aber zugetragen wurde, war dem BuVor zum Zeitpunkt der Abschaltung nicht einmal die betroffenen Pads bekannt. Sollte das stimmen, dann war die Anschuldigung nicht einmal überprüfbar.

  3. DerSchulze

    Moinsen,

    ich halte das Vorgehen immer noch für falsch. Alleine das „WIR“ so dermassen mit den LKA, oder BKA kuscheln, ist doch mehr als nur eine falsche Doppelmoral.
    Das kann und darf nicht wieder vorkommen.

    Gruß
    Schulze

  4. Vorschnell in einer panischen Aktion Server vom Netz nehmen, die für die Arbeit notwendig sind, um „Schaden von der Partei abzuwenden“, nur um dann hinterher festzustellen, dass gar kein illegales Material vorhanden war? Klingt so gar nicht piratig. Wie hätte der Schaden überhaupt aussehen sollen? Habt ihr einen Medien-Skandal befürchtet? Euer Grundsatz war eigentlich immer, dass ihr eure Arbeit macht, und euch von dem ganzen Medienrummel nicht beeinflussen lasst. Außerdem wäre das eine gute Gelegenheit gewesen, um gegen die irrsinnige Störerhaftung zu demonstrieren. Ich bin enttäuscht.

    Piratig wäre gewesen, sich erst mal ein qualifiziertes Urteil zu bilden und dann rational zu agieren.

    Noch piratiger wäre gewesen, statt nur die Symptome (die Links) zu bekämpfen, sich dafür einzusetzen, dass die Betreiber der verlinkten Seiten bzw. des darauf befindlichen Materials zur Rechenschaft gezogen werden (gut, Anzeige erstattet habt ihr anscheinend ja, allerdings wird aus dem Blog-Post nicht klar, ob gegen die Betreiber oder gegen Anonymous), und die Löschung der Seiten beim Provider zu veranlassen.

    Eure Reaktion hingegen schien vielmehr panisch und allein davon getrieben, euren „Ruf“ aufrechtzuerhalten – so errichtet man Fassaden. Wolltet ihr euch von dem ganzen scheinheiligen Polit-Theater nicht lösen?

  5. Wir scheinen ja ganz gut Typen da „oben“ zu haben. Sehr sachlich erklärt, vor allem der Unterschied zwischen Notfall und Perspektive.
    Ich messe euch jetzt daran, wie oft unsere hoch komtetenten anonymus Freunde oder andere high end Internet user unsere wichtige Piraten Plattform lahmlegen können.

    l.g.

    Yorvik

  6. „Aber zum dem Zeitpunkt gab es keine andere Handlungsweise, die uns vor Schaden und rechtlichen und politischen Risiken bewahrt hätte.“

    Doch, gab es: das Löschen des konkreten Pads. Und extrem wünschenswert wäre es, wenn vor jeder Aktion der behauptete Vorwurf auf Plausibilität geprüft wird. Hier steht es ja schwarz auf weiß, dass kein Ermittlungsverfahren drohte, denn „Auch muss der Einbau eines Abuse-Buttons geprüft werden, damit die IT direkt über zweifelhafte Pads informiert werden kann.“. Dann fragt mal bei white-IT nach, die können da sicher was aus dem Hut zaubern (oder noch besser: ruft UVdL an, die hat da sicher auch eine Idee zu.

    Meine Fresse sind die Piraten° (nur echt mit der Narrenschelle) schnell bei den etablierten Parteien angekommen…

  7. Ich persönlich finde sie haben richtig gehandelt, da ich es genauso machen würde aus zwei gründen der erste und warscheinlicht wichtigste ist FALS es stimmt damit die Kinderpornografie nicht weiter verteilt wird. und der zweite um sich bzw die Partei vor den heutigen Gesetzen zu schützen…. .

    P.S. ich glaube nicht das die partei sich vor der presse schützen wollte.

  8. korinthenk.

    „in Panik verfallen“ „kuscheln“ „panische Aktionen“ „nicht piratig“

    Werte Kommentatoren,
    um für die Zukunft gerüstet zu sein, schickt bitte dem Buvo einen kleinen Nachweis über Eure liquiden Mittel und sonstige Aktiva. Und eine eidesstattliche Erklärung, dass Ihr uneingeschränkt für alle strafrechtlichen Konsequenzen und eventuelle Vermögensschäden vollumfänglich im Namen der Piraten haftet.

    (nur mal so als Anmerkung für Leute, die noch einen Piratenrealitycheck 2.0 brauchen.)

  9. Könnten wir bitte damit aufhören, an jeden „Skandal“ ein ~gate zu hängen?
    Ich wage stark zu bezweifeln, dass die Downzeit des Pads genauso an Wichtigkeit besitzt, wie die Aufklärung eines gegen sämtliche Gesetze verstoßenden Abhörskandals in den USA.
    Von „Nipplegate“ brauch ich gar nicht erst reden.
    „Servergate“ war ja noch irgendwie lustig, weil es mit viel Wohlwollen eine ähnliche Brisanz wie der Vorfall, der als Vorbild diente, aufzeigte.
    Aber nun wirds echt langsam lächerlich.
    Piratige Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert