Um eine rechtzeitige Vorbereitung auf den Bundesparteitag zu ermöglichen, geben wir als amtierende Mitglieder des Bundesvorstands im Folgenden persönliche Stellungnahmen dazu ab, ob wir für eine Wiederwahl zur Verfügung oder nicht – und auch, warum. Wir möchten mit dieser frühzeitigen Information eine gute Vorbereitung für alle Mitglieder und potenziellen Kandidaten auf den Bundesparteitag am 28./29.4. in Neumünster ermöglichen.

Alle bisherigen Kandidaten für den Bundesvorstand findet ihr auf dieser Wiki-Seite, wo ihr euch auch selbst bewerben könnt:
http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2012.1/Kandidaten

Sebastian Nerz (Vorsitzender):

 

Ich werde erneut für das Amt des Bundesvorsitzenden kandidieren. Ich kann mir vorstellen, auch als Stellvertreter zu kandidieren, das hängt aber vom Vorsitzenden ab. Kandidieren würde ich beispielsweise, wenn Bernd als Vorsitzender gewählt würde.

 

Ich habe mir lange überlegt, ob ich noch einmal kandidieren soll; die Entscheidung ist aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht ganz einfach. Das Amt bringt eine sehr große zeitliche und finanzielle Belastung mit sich. Die Reisekostenerstattungen decken nur einen Teil der tatsächlichen Kosten ab, auch Spesen (wie Handykosten etc) werden ja nicht ersetzt. Insofern fließt derzeit so ziemlich alles verfügbare Geld in die Parteiarbeit.

 

Gleichzeitig verbringe ich derzeit mehr oder weniger jede freie Minute mit Piratenarbeit. Ich weiß, dass ich dabei nicht der einzige bin, aber dennoch stellt sich die Frage, wie lange man das machen will. Andere Hobbies gibt es ja auch, ein Privatleben hatte man auch mal …

 

Aber die Arbeit ist sehr interessant. Sie bringt immer wieder neue Herausforderungen mit sich. Neue Themen, in die man sich einarbeiten muss. Neue Personen, die man kennen lernen kann. Zudem glaube ich an die Ziele der Piratenpartei – ich will meinen Teil dazu beitragen, dass wir die Politik in Deutschland verändern. Einen neuen Politikstil etablieren, Menschen und Politik wieder enger zusammenbringen, Grundrechte stärken. Das zu erreichen bin ich in die Piratenpartei eingetreten. Und noch sind wir nicht da.

 

Ich habe das Amt als Vorsitzender jetzt seit etwa acht Monaten. Die erste Hälfte davon war in relativer Ruhe, die zweite Hälfte dann mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit. In der Zeit habe ich sicherlich einige Fehler gemacht – aber ich konnte aus ihnen lernen und ich ziehe ein insgesamt positives Feedback. Wir haben in der Zeit viel erreicht und ich glaube, dass der Bundesvorstand aktuell ein sehr gutes Team darstellt. Ein Team, mit dem ich gerne weiterarbeiten würde und bei dem ich mich hier ganz ausdrücklich bedanken will!

 

Aber ich habe bei weitem noch nicht alle meine Ziele im Bundesvorstand erreicht, dafür waren es einfach zu viele. Strukturell steht der Bundesverband heute deutlich besser da als noch vor einem Jahr. Auch medial hat sich einiges getan. Aber es gibt noch viel zu tun – die Bundestagswahl und mehrere Landtagswahlen stehen vor der Tür, wir müssen die Arbeit auf mehr Schultern verteilen, die innerparteiliche Kommunikation verbessern, die Arbeitsweisen verändern, so dass mehr Piraten mit jeweils weniger Arbeit mehr erreichen können.

 

Zudem habe ich in der Arbeit sehr viele Kontakte aufbauen können. Ein Personalwechsel bringt es aber mit sich, dass die Kontakte erneuert werden müssen. Und daher möchte ich der Partei anbieten, dass diese Energie in neue Kontakte gesteckt werden kann. Deshalb werde ich erneut als Vorsitzender kandidieren.

 

 

Bernd Schlömer (stellvertretender Vorsitzender):

 

Ich kandidiere sowohl als Vorsitzender als auch als stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei. Die Doppelkandidatur steht in keinem Zusammenhang mit einer Konkurrenz mit Sebastian. Sie ist Ausdruck einer guten Vertrauensbasis im Bundesvorstand der Piratenpartei, in dem ein Rollentausch vorstellbar ist.

 

Ich möchte mit der Kandidatur und einer damit einhergehenden personellen Kontinuität bis zur Bundestagswahl einen wesentlichen Beitrag für die Außendarstellung der Partei leisten, die als ernstzunehmende Alternative im politischen Wettstreit zur Verfügung steht.

 

Neben der Kandidatur werde ich einen Satzungsänderungsantrag in die Debatte bringen, der eine Vergrößerung des Bundesvorstands vorsieht: Es soll ein zweiter stellvertretender Vorsitzender sowie ein zusätzlicher Beisitzer vorgesehen werden, um der stärkeren Belastung Rechnung tragen zu können.

 

 

Rene Brosig (Schatzmeister):

 

In Heidenheim habe ich mich zur Wahl gestellt, nachdem ich Defizite in der Verwaltung der Piratenpartei erkannt habe und zu deren Lösung beitragen wollte. Wie erwartet gab es viel Gegenwind bei der Umsetzung meiner Ideen. Diesem Gegenwind standzuhalten hat mich sehr viel Kraft gekostet und mir selbst mehr als einmal meine Grenzen aufgezeigt.

 

Zudem hatte ich nicht nur bei „meinen“ Themen zu kämpfen. Der Bundesvorstand steht gemeinsam für alle Entscheidungen in der Verantwortung, unabhängig vom Fachgebiet seiner einzelnen Mitglieder. Die Diskussionen zu den verschiedensten Themen haben dafür gesorgt, dass ich zu viel meiner Arbeitszeit nicht ausreichend zielorientiert aufbringen konnte. Als Folge davon habe ich Ziele, welche ich mir selbst gesteckt hatte, noch nicht erreicht. Dennoch war es notwendig, diese Diskussionen zu führen.

 

Es entspricht meinem Verständnis von Politik, auch Kritik aufzunehmen und in die Lösungen einzuarbeiten. Dem entsprechend habe ich meine Entscheidungen begründet und mich, wann immer es ging, den Diskussionen gestellt. Kritik gab es im letzten Jahr reichlich. Sofern sie begründet war, habe ich versucht, die Kritik aufzunehmen und mein eigenes Handeln daran zu messen.

 

Meinem Ziel, die Piratenpartei organisatorisch auf eine Bundestagswahl in 2013 vorzubereiten, bin ich trotz aller Widrigkeiten ein gutes Stück näher gekommen. Dazu haben meine Vorstandskollegen wesentlich beigetragen. Obwohl wir in der Sache häufig unterschiedlicher Meinung sind, basiert der Umgang im Bundesvorstand auf Respekt und Höflichkeit und ich möchte meinen Vorstandskollegen an dieser Stelle herzlich für die ausgesprochen gute Zusammenarbeit danken.

 

In vielen persönlichen Gesprächen haben mich die Piraten gebeten, ihnen den Rücken in Finanzfragen freizuhalten, damit sie sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können, die Politik in unserem Land zu verändern. Ich überlasse es somit dem nächsten Bundesparteitag, über meine Tätigkeit zu befinden, wenn erneut über die Besetzung für das Amt des Bundesschatzmeisters entschieden wird.

 

 

Wilm Schumacher (GenSek):

 

Nach langem Ringen habe ich mich gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Zum einen ist natürlich die zeitliche, aber auch die körperliche und seelische, Belastung ein Grund. Zum anderen denke ich, dass ich bis zum Parteitag in Neumünster meine Ziele für die Piraten erreicht haben werde und ein Vorstandsamt für mich nicht mehr notwendig ist.

 

Weiterhin hoffe ich, dass sich mit den neuen Strukturen die rein „technische“ Arbeit des Generalsekretärs verringert, was Kapazitäten für eine Schwerpunktverschiebung hin zum Politischen frei gibt. Und für eine politische Ausrichtung des Amtes gibt es geeignetere Kandidaten als mich.

 

Als letztes persönliches Argument gegen eine erneute Kandidatur möchte ich auch meine berufliche Entwicklung anführen. Im kommenden Jahr wird sich beruflich und persönlich viel bei mir ändern. Aus diesem Grund ist es besser für mich, aber auch die Piraten, wenn ich nicht im Amt gebunden bin.Zwar möchte ich eine erneute Kandidatur nicht kategorisch ausschließen, da der Parteitag in Neumünster noch einige Monate in der Zukunft liegt und noch viel passieren kann. In der aktuellen Situation jedoch würde ich mich über einen Nachfolger freuen.Weiterhin möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um auf die Wichtigkeit dieses Amtes hinweisen. Auch wenn die Arbeit oft nicht glamourös ist und viel im Hintergrund passiert, ist ein Generalsekretär für die Piraten wichtig und ich hoffe, dass sich viele Kandidaten für das Amt finden.

 

 

Marina Weisband (Politische Geschäftsführerin):

 

Es gibt Dinge, über die ich mir sicher bin. Ich werde im nächsten Jahr aktiv bei den Piraten mitarbeiten und unsere Politik und unsere Vision mitgestalten. Zu den Dingen, über die ich mir unsicher bin, gehört, ob ich das als Bundesvorstand tun werde. Ich kann auch heute leider nicht abschließend sagen, ob ich erneut kandidiere, aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.

 

Der Grund ist, dass ich es in letzter Zeit gesundheitlich nicht schaffe, euch ein so zuverlässiger Bundesvorstand zu sein, wie ihr es verdient. Ich muss neben der Parteiarbeit ja auch mein Diplom stemmen. Das ist für eine Person zu viel. Ich will mich aber nicht auf die gefährliche Schiene des Berufspolitikers begeben, der seine Berufsqualifikation zugunsten seiner politischen Laufbahn aufgibt. Diese Menschen tun alles, um in der Politik zu bleiben und genau deshalb haben wir Korruption. Dazu war es immer mein Traum, Psychologin zu werden, und den möchte ich auch jetzt nicht aufgeben.

 

Ich plane, ein Jahr Pause zu machen, etwas zu genesen, mein Diplom zu machen. Ich werde inhaltlich die Politik mitgestalten können, ohne mich der Neutralität zu fügen, die dieses Amt von mir erfordert. Ich werde, wenn die endgültige Entscheidung gefallen ist, dazu noch einige Zeilen schreiben. Wisst nur, dass mir das Projekt Piraten ein Herzensprojekt bleibt.

 

 

Matthias Schrade (Beisitzer):

 

Ich werde erneut für das Amt eines Beisitzers im Bundesvorstand kandidieren. Die Entscheidung fiel mir aus verschiedenen Gründen nicht leicht. Zwar stand für mich fest, dass ich mein Engagement für die Piratenpartei fortsetzen und – nach dem Ausstieg als Vorstand bei meiner Firma zum 31.12.2011 – noch weiter intensivieren möchte. Jedoch stellte sich mir die Frage, ob ich viele Projekte ohne die mit dem Amt verbundenen Belastungen und Verpflichtungen nicht möglicherweise gezielter angehen könnte.

 

Letztlich habe ich mich nach vielen Gesprächen für eine Kandidatur entschieden. Ausschlaggebend war dazu zum einen, dass eine Kontinuität im Amt wichtig ist, um für die Partei geknüpfte Kontakte fortsetzen und ausbauen zu können. Zum anderen funktioniert und ergänzt sich der aktuelle Bundesvorstand als Team sehr gut, was meines Erachten der Schlüssel für eine erfolgreiche Arbeit ist und wozu ich auch künftig beitragen möchte. Schließlich bringt eine Tätigkeit im Bundesvorstand mit sich, dass man Projekte besser fördern und dafür Unterstützer finden kann. In Summe überwiegen diese Aspekte für die Piraten die ohne ein Amt für mich erhöhte Flexibilität.

 

Die Kandidatur für andere Ämter innerhalb des Bundesvorstands schließe ich nicht gänzlich aus, sofern sich für diese kein von mir unterstützter Kandidat finden sollte. Keinesfalls werde ich jedoch gegen einen der derzeitigen Amtsinhaber antreten.

 

 

Gefion Thürmer (Beisitzerin):

 

Ich habe im Laufe meiner Amtszeit einige Projekte angestoßen und wichtige Umstrukturierungen vorgenommen. Aber es gibt deutlich mehr zu tun, als in einer Amtszeit umsetzbar ist. Es fehlt noch einiges an Strukturierung, das umgesetzt werden muss. Die bestehenden Teams müssen gefestigt, weitere Workflows definiert, Verantwortung übertragen werden. Für einige Bereiche – zum Beispiel die Erstellung eines Corporate Design, eines bundesweiten Veranstaltungskalenders, die Betreuung der Social Media Kanäle oder ein effektives Medienmonitoring – sind noch weitere Gruppen geplant.

 

Ich möchte erreichen, dass, wenn es darauf ankommt, alle Teams Hand in Hand arbeiten, so dass wir 2013 wir für den Bundestagswahlkampf gerüstet sind. Wir brauchen dieses Teamwork und Zusammenspiel, denn so wie 2009 wird es dieses Mal nicht funktionieren. Unsere Wähler, die Medien und nicht zuletzt wir selbst haben gesteigerte Ansprüche an uns, die wir nur mit effizienteren Workflows erfüllen können.

Ein ausführlicheres Statement von mir gibt es hier.

 

Es hat mich Monate gekostet, mich in alle Aufgaben einzuarbeiten und die bestehenden Teams kennen zu lernen. Jedem Nachfolger ginge es ähnlich. Das ist Zeit, die besser investiert werden kann. Kontinuität ist für alles was ich begonnen habe – gerade in der Öffentlichkeitsarbeit – wichtig. Diese möchte ich möglich machen. Darum stehe ich für eine weitere Amtszeit als Beisitzerin zur Verfügung.