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Dicker Engel: Politische Arbeit sichtbarer machen

Am 8. Juni 2020 haben wir im Dicken Engel im Rahmen der Initiative „politische Arbeit sichtbarer machen“ das Konzept der Ressorts vorgestellt und damit aus der Taufe gehoben. Wichtig hierbei ist, dass es sich nicht um eine fertige Lösung handelt, sondern um einen Umsetzungsvorschlag, der sich beständig weiterentwickeln soll. Dieser reifte bereits in der letzten Amtsperiode des Bundesvorstandes, wurde erstmals im Strategiepapier angeregt und auf der Marina Kassel (Bericht hier) den Teilnehmenden präsentiert . 

Ausgangssituation

Viel zu oft wurden Aussagen wie „die politische Arbeit bei den PIRATEN ist tot“ oder „wir sind bei der politischen Arbeit am Ausbluten“ getätigt, ohne das etwas Konkretes dagegen unternommen wurde. Hieraus lässt sich der Wunsch ableiten, dass politische Inhalte der PIRATEN wieder stärker sichtbar sein sollen. Deshalb hat der Bundesvorstand sich folgende Fragen gestellt: Treffen diese Aussagen zu und wenn ja, wie können wir dazu beitragen, diesen Zustand zu verändern? 

Trotz Mitgliederzuwachses hat die Partei zugegebenermaßen auch Menschen verloren, die aktive Arbeit geleistet haben. Es gibt nach wie vor sehr viele engagierte PIRATEN, die sich in die politische Arbeit einbringen oder auch zukünftig einbringen wollen, jedoch fehlt die Sichtbarkeit für ihre Ergebnisse. Das, was von ihnen geleistet wird, bekommt schlichtweg niemand mit. Daher werden diese Ergebnisse auch nirgendwo aufgegriffen. Es wird nicht mit ihnen weitergearbeitet, geschweige denn, dass daraus ein Lob entsteht. Dies führt zu nicht erfüllten Erwartungen und endet häufig in Frust und Demotivation. Nicht zuletzt weil die beiden Fragen „Was wollen die aktiven Piraten gerne mit ihrer Arbeit erreichen?“ und „Was wünscht sich die Partei von den politisch Aktiven?“ bisher offen geblieben sind. Zwangsläufig fehlt dann die Anerkennung, die die wichtigste Motivation derzeit für die ehrenamtliche Tätigkeit bei uns ist. 

Die Piratenpartei ist die Mitmachpartei und das soll auch so bleiben. Deshalb ist auch die Schwelle zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft vergleichsweise niedrig und jeder kann überall mitmachen, umso letztlich bei politischen Themen mitzuwirken. Das heißt aber noch nicht, dass die politische Arbeit der Arbeitsgemeinschaften auch gesehen wird, im Gegenteil, häufig wird sie noch nicht einmal parteiintern wahrgenommen. Sie geht buchstäblich unter. Die positive Rückmeldung an die Mitglieder von Arbeitsgemeinschaften fehlt nach wie vor. Es muss also eine Möglichkeit geschaffen werden, insbesondere den Arbeitsgemeinschaften eine Plattform zur Publikation ihrer politischen Arbeit zu bieten.

Bisher können Themen an die SG BundesPR adressiert werden, die die Ausarbeitungen an die Presse und die Social-Media-Kanäle weitergeben. Hier gilt es, die jeweiligen formalen Vorgaben z.B. einer Pressemitteilung oder eines Blog-Beitrages zu beachten. Für die Verbreitung innerparteilicher Themen steht die Zeitschrift „Die Flaschenpost“ zur Verfügung. Doch was ist mit den Themen, die nicht in eines der vorgegebenen Formate passen? Ein Format für „freiere“ Beitragsformen (Kurzmeldungen, Filmbeiträge, Hintergrundberichte, Diskussionspapiere und vieles mehr) gibt es bisher nicht.

Weiterer Weg

Die Idee ist nun, so genannte „Ressorts“ zu schaffen, die thematisch zusammenhängende Politikbereiche bündeln und deren Ausarbeitungen zur Veröffentlichung bringen. Der konkrete Lösungsvorschlag: Die einzelnen Ressorts erhalten eine eigene WordPress-Instanz, die die Arbeitsgemeinschaften, die zu diesen Politikbereichen beitragen, zur Veröffentlichung ihrer politischen Arbeit nutzen. Hier finden dann z.B. auch Begründungen zu Programmanträgen und andere Veröffentlichungsformate ihren Platz. Die ersten Ressorts sind

  • Digitalisierung und Netzpolitik
  • Außen- und Sicherheitspolitik
  • Arbeits-, Gesundheits- und Sozialpolitik
  • Innen- und Europapolitik
  • Umwelt-, Energie-, Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik
  • Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik
  • Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturpolitik

Das Expertenwissen liegt weiterhin in den Arbeitsgemeinschaften, mit Hilfe der Ressorts sollen jedoch beispielsweise gemeinsame Schnittmengen von politischen Themen einzelner Arbeitsgemeinschaften erkannt und vorangetrieben werden. So haben themenverwandte Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit, sich effizienter abzustimmen (oder überhaupt Schnittmengen oder Konflikte zu erkennen), wenn sie nach außen über diese WordPress-Instanz ihre Sicht zu den Themen wiedergeben. So können sie internen Diskussionsbedarf bei abweichenden Meinungen wegen unterschiedlicher Herangehensweisen schon viel früher entdecken. 

Vor dieser Veröffentlichung wurde der Vorschlag der WordPress-Instanz für die Ressorts “Digitalisierung und Netzpolitik” und “Außen- und Sicherheitspolitik” getestet. Mit dem Ergebnis, dass gleich zu Beginn die Sichtbarkeit für politische Themen erhöht werden konnte. Programmanträge finden mehr Beachtung, Externe finden leichter zu den Programmthemen der PIRATEN, und vor allem erlebten die Mitglieder der “zuliefernden Arbeitsgemeinschaften” einen Motivationsschub, weil sie fühlten und sahen, dass ihre Arbeit häufiger zu Ergebnissen führt. 

Von welchen Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit zur Veröffentlichung auf den Ressortseiten genutzt wird, wird sich nun zeigen, und gewiss wird hier insbesondere zu Beginn Unterstützung notwendig sein. Wichtig ist zu verstehen, dass die Hauptaufgabe der politischen Arbeit nach wie vor bei den Arbeitsgemeinschaften liegt, nicht bei den Ressorts. Diese sind lediglich ein Katalysator für die Sichtbarkeit. Dieser Weg soll auch die aktiven PIRATEN motivieren weiterzumachen, mehr zu diskutieren und mehr Beiträge zu veröffentlichen. Oberstes Ziel ist es, die Piratenpartei medial wieder sichtbar zu machen, so dass auch die Mitwirkenden die Anerkennung für ihre geleistete politische Arbeit und deren Erfolg bekommen.

In Bezug auf die Koordination und den Aufwand zum Betrieb der Ressorts bzw. der Ressortseiten wurden einige Fragen gestellt. 

Koordination

Zunächst wie die Koordination aussieht, also wer darüber entscheidet, was auf den Seiten der Ressorts publiziert wird. Wie bereits beschrieben ist das ein organisch wachsendes Projekt, so dass es insbesondere zu einem Zeitpunkt zu dem die Ressortseiten noch gar nicht vollständig existieren, verfrüht wäre, hier Entscheidungen zu treffen, deren Akzeptanz unklar wäre. Ebenso wäre es falsch, hier ein Abstecken von Fürstentümern zu unterstützen, wo noch unklar ist, welche Piraten sich bei diesem Projekt einbringen um entsprechend Anerkennung zu verdienen. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es viele.
Gleichzeitig möchte ich mich aber auch nicht um eine Antwort drücken, insbesondere nachdem mehrere Jahre an gedanklicher Vorbereitung in das Vorhaben geflossen sind, und natürlich auch über die Frage möglicher Ausgestaltungsmöglichkeiten nachgedacht wurde. Möglich wäre beispielsweise, dass die “zuliefernden Arbeitsgemeinschaften” aktive und interessierte Piraten dem Bundesvorstand zur Beauftragung vorschlagen. 

Aufwand

Die andere wichtige Frage ist, wie viel zusätzlicher Aufwand entsteht durch die Ressorts? Die Frage hängt stark damit zusammen, was wir daraus machen wollen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Ressorts lediglich eine WordPress-Seite, auf der Beiträge eingestellt werden, wenn eine Arbeitsgemeinschaft sie gerne veröffentlichen möchte. Die konkrete Arbeit ist also, vergleichbar mit einer Redakteurs-Rolle, Ansprechperson für die Arbeitsgemeinschaften zu sein und Adressat für Beiträge, sowie diese dann im Blog als entsprechendes Format mit der entsprechenden Kategorie einzustellen. (Kategorien sind die Quell-Arbeitsgemeinschaft und entsprechend eine Kennzeichnung als Meinungsbeitrag, Hintergrundbericht, etc). Darüber hinaus wäre es hilfreich, die bisherigen veröffentlichten Beiträge zu kennen, um inhaltliche Konflikte zu erkennen und Beiträge entsprechend kommentiert “zurückzuspielen”. Selbstverständlich steht uns aber auch der Weg frei, wenn sich das in kommenden Quartalen abzeichnet, dass auf Ressort-Ebene mehr konzeptionelle Arbeit geleistet wird. Also beispielsweise zu den Beiträgen in der Tiefe den politisch-programmatischen einbettenden Rahmen zu entwickeln, und damit selbst einen inhaltlichen Rahmen abzustecken. Aber wie gesagt, dies sind Entwicklungen in der Zukunft, über die eine Einschätzung zu diesem Zeitpunkt vollkommen verfrüht wäre. Heute geht es um einen Aufwand vergleichbar mit dem eines Blog-Redakteurs. 

Verhältnis zur Bundeswebseite

Wie oben beschrieben sollen die Ressorts eine Publikationsmöglichkeit insbesondere für Beiträge bieten, die nicht in eines der formalen Formate passen und für die eine Erst-Veröffentlichung auf www.piratenpartei.de somit ausscheidet. Eine Veröffentlichung auf unserer Hauptwebseite ist (wenn die Kriterien erfüllt sind) immer vorzuziehen, da sie die größte Reichweite hat. Hier ist nach wie vor das Team der SG BundesPR für euch zuständig. In der Folge erscheint es natürlich dann logisch, diese Beiträge für die relevanten Ressort-Seiten zu übernehmen, um hier eine inhaltlich komplette Zusammenführung unserer politischen Arbeit auf diesen Plattformen zu erreichen und so Dritten einen guten Überblick zu bieten. 

 

Bei der Vorstellung im Dicken Engel berichtete Anja als Themenbeauftragte Digitaler Wandel über ihre Erfahrungen mit einem der Ressort-Prototypen:

“Wir sind als Versuchskaninchen gestartet und haben das gleich ausprobiert. Die Ressortseiten sind insbesondere dann ein gutes Medium, wenn mal schnell ein Text veröffentlicht werden soll, der zu lang ist für die Presse, aber zu schade zum Wegwerfen. Das war bei uns zum Beispiel bei dem Text für die Corona Tracing App so. Früher hätte man diesen Text einfach irgendwo hingestopft und niemand hätte es bemerkt. So sind jetzt sogar die niederländischen Piraten auf uns aufmerksam geworden und haben den Text gleich verlinkt. Dann hat sich sogar ein Journalist aus Brüssel gemeldet, der auf der Durchreise war und wollte nochmal in einem kurzen Interview unsere Meinung zu dem Thema hören. Die AGs machen und tun, aber die Bündelung auf einer digitalen Plattform fehlt. Wenn wir diese Bündelung jetzt nicht schaffen, dann werden all die schönen Ideen in der Luft verpuffen. Es ist eine neue Möglichkeit Dinge zu tun, die dann einen echten Mehrwert bringen. Bei uns bewegt sich was, es ist das, was uns Piraten ausmacht, dass wir so gut digital zusammenarbeiten.”

Wichtig ist, zu jedem Zeitpunkt im Kopf zu haben, dass die Ressorts niemandem etwas wegnehmen oder niemanden an seiner bisherigen Arbeit hemmen oder bremsen. Es ist vielmehr eine Bereicherung für diejenigen, die verstehen, dass Ergebnisse, die in einer kleinen (Echo-)Kammer ausgeheckt werden keinen Beitrag zu den Zielen oder dem Erfolg der Partei darstellen, wenn sie nicht  die Partei oder final mögliche Wähler erreichen. Die Ressorts sind die Befähigung der politisch-programmatisch aktiven Piraten dazu, ihren Überlegungen, Meinungen und Ergebnissen ein sichtbares Zuhause zu geben.

 

Wir wünschen Euch viel Spass bei der politisch-programmatischen Arbeit und den neuen Möglichkeiten, sich der Partei zu zeigen und sie an eurem Wissen und euren Erfahrungen teilhaben zu lassen.

 

Euer Sebastian

 

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