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Statement zur öffentlichen Diskriminierung von Julia Probst (@EinAugenschmaus)

Die Piratenpartei stellt sich klar gegen die Diskriminierung von Julia Probst, Bloggerin und Mitglied der Piratenpartei.

Die Piratin und Bloggerin Julia Probst war vergangenen Mittwoch in der Sendung ZDF log in zu Gast. Julia kandidiert derzeit auf Platz drei der Landesliste Baden-Württemberg für die Piraten und wäre bei einem Einzug der Piratenpartei in den Bundestag die erste gehörlose Bundestagsabgeordnete.

In der Sendung bezog Julia Stellung zur Lage der Piratenpartei und sprach über ihre Spezialthemen Inklusion und Barrierefreiheit.

Im Anschluss an die Sendung wurde Julia von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Mikroblogging-Dienstes Twitter dafür kritisiert, dass sie beim Sprechen ihre Stimme verwendet hat. Anstatt ihre selbstgewählte Audrucksform zu respektieren, wurde sie unter anderem direkt und indirekt dazu aufgefordert, ihre Stimme nicht zu benutzen, lediglich stumm zu gebärden oder ihre Aussagen gar aufzuschreiben und von einer anderen Person vorlesen zu lassen.

Wir können nachvollziehen, wie sehr solche Aussagen verletzend wirken. In Reaktion auf die Angriffe hat Julia ihren Twitteraccount @einAugenschmaus deaktiviert. Julias Account gehört mit über 22.000 Followern und mehr als 26.000 Tweets in drei Jahren zu den aktivsten und meistgelesenen Accounts der deutschen Twitterlandschaft.

Der Bundesvorstand der Piratenpartei Deutschland und der Landesvorstand des Landesverbands Baden-Württemberg stellt sich zusammen mit zahlreichen Piraten aus allen Landesverbänden und weltweit schützend vor Julia. Es empört uns zutiefst, dass ein Mensch, der seine Stimme frei und selbstbewusst erhebt, für diese Tatsache von anderen Menschen kritisiert wird.

Die Piratenpartei sieht sich als ein politischer Raum, in dem alle Menschen, darunter insbesondere auch Menschen mit Behinderung, gleichberechtigt und selbstbestimmt ihre eigene Stimme erheben und ihre Anliegen, Meinungen und Argumente zum Ausdruck bringen können. Wir wehren uns aktiv gegen jede Diskriminierung, die Menschen entgegengebracht wird.

In Schulen, auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, im persönlichen Leben und in vielen weiteren gesellschaftlichen Lebensbereichen werden bis heute Menschen offen oder verdeckt diskriminiert und in ihrer Individualität und ihrem Selbstausdruck angegriffen. Dieser Tatsache müssen wir ins Auge sehen.

Die Verteidigung gegen diese Diskriminierung dürfen wir dabei niemals den angegriffenen Menschen überlassen. Es ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, uns schützend vor Menschen zu stellen, die auf solch unangemessene Weise angegriffen werden, und entsprechende Aussagen mutig und klar zurückzuweisen. Das erfordert Zivilcourage im richtigen Moment, und daran müssen wir uns immer wieder gegenseitig erinnern.

Wir fordern in diesem Sinn uns und alle Menschen dazu auf, aktiv daran mitzuwirken, die Vision einer gesamtgesellschaftlichen Inklusion, wie sie unter anderem die Piratenpartei in ihrer Programmatik mitzeichnet, nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität Wirklichkeit werden zu lassen. Dort, wo wir Diskriminierung miterleben, werden wir uns aktiv vor die angegriffenen Personen stellen.

Der Bundesvorstand der Piratenpartei Deutschland
Der Landesvorstand der Piratenpartei Baden-Württemberg

28 Kommentare zu “Statement zur öffentlichen Diskriminierung von Julia Probst (@EinAugenschmaus)

  1. Ich wünschte mir, die Piratenpartei würde gegen Mitglieder deutlich und energisch vorgehen die Menschen aufgrund von Behinderungen, Geschlecht, Aussehen, Herkunft, Abstammung, der Hautfarbe oder ähnlichen Nebensächlichkeiten diskrimieren.

    Und vor allem will ich @einaugenschmaus wieder zurück haben!

  2. „Die Verteidigung gegen diese Diskriminierung dürfen wir dabei niemals den angegriffenen Menschen überlassen.“ – Einspruch! Wenn diese sich selbst verteidigen können und wollen, darf man ihnen nicht ihr höchsteigenes Recht auf ihre Reaktion zu verbieten.
    Wenn jemand dazu nicht die Kraft oder Möglichkeit hat, soll man selbstverständlich helfen. Aber nicht die Betroffenen bevormunden!

  3. Rainer, ich denke mal wenn Mitglieder nachweisbar ausfällig werden, dann geht der Vorstand auch dagegen mit Ordnungsmassnahmen vor, die meisten Spinner auf Twitter die Julia direkt angegriffen hatten waren ja wohl keine Mitglieder.

  4. ich bin entsetzt! Wie kommt man auf die Idee, einer Gehörlose zu untersagen, dass sie ihre Stimme benutzt? Das ist menschlich ganz unterste Schublade. Man kann nur hoffen das @einAugenschmaus sich von solchen Diskriminierungen nicht unterkriegen lässt und zurückkehrt!

  5. Ich könnte mir allerdings vorstellen dass die Dunkelziffer an Diskriminierungen deutlich höher liegt, als man sieht. Und das ettliche Angst davor haben es öffentlich zu machen, das man sie diskriminiert, und sei es nur einem Vorstand, oder beauftragten gegenüber.

  6. Dirk Ulbrich

    Danke an den Vorstand für dieses schnelle und absolut eindeutige Statement. Und an Julia Probst gerichtet: @einaugenschmaus, komm zurück, lass Dich nicht unterkriegen! Wir fanden Deinen Auftritt toll, jetzt wegen ein paar dummen Menschen das Handtuch zu werfen ist es nicht wert! Und erhebe Deine Stimme, es ist schön sie zu hören!!!

  7. Axel Seligmann

    Ich bin geschockt, dieses rechte Gedankengut sollte von den Behörden beobachtet werden! Da halte ich Übewachung für sehr wichtig!

  8. /signed … und, gab es da nicht mal so etwas wie einen (semioffiziellen) Piratenkodex?

  9. Sebastian Kroos

    Oh, die verlinkte Wikiseite kannte ich noch nicht. Weitaus mehr Unterstützer finden sich im Wiki unter http://wiki.piratenpartei.de/DickesFell .

    Gruß
    Wastl

  10. gelberpunkt

    @Rainer, die meisten Menschen nutzen dann einfach effektiv den „Block“-Button. Rational betrachtet hätte sie auch genau dies tun sollen. Diskriminationen aufgrund einer Behinderung sind jedoch unter aller Sau und gehören generell angeprangert. Danke für das klare Statement, welches meines Geschmacks auch gerne etwas globaler hätte formuliert werden können.

  11. Wer sich so (auf Twitter) äußert ist kein Pirat. Ganz klar ein Fall von diese Partei nicht verstanden. Leider muss man das einigen wohl noch mal und immer wieder klarmachen.

  12. Worin bestand denn nun die Diskriminierung?
    Ich habe von Kritik und Beleidigungen gehört. Aber Diskriminierung? Das würde doch eine Benachteiligung bzw Sonderbehandlung bezeichnen. Worin bestand die?
    Sie ist doch (leider) nicht die erste, die einen Shitstorm ertragen muss.

  13. Jetz macht ihr „ne Mücke zum Elefanten“, es waren genau 2 Blogger die @EinAugenschmaus angegangen waren, einer davon war und ist ein Vollidot und der Änderungen hat halt scharf kritisiert, der eine Blogger ist genau wie Julia Hörgeschädigt und hat sie nicht nbeleidigent kritisiert.

    Man Leute so sehr ich Julias Engagement zu Barrirefreiheit etc. Schätze, aber auf der öffentlichen Bühne geht es hält hart zur Sache und sie sollte damit umgehen lernen. Sich aber wie ein Kleinkind alles hinzuschmeißen statt selbst zu kämpfen, zeichnet sie sich nicht als strake Bundestagskandidatin aus.

    Gruß ein auch ein deafi

  14. Florian Meier

    Grundsätzlich ein gutes Statement! Kann ich voll dahinterstehen. Nur kurz zwei Gedanken:
    .
    1. Ich frage mich ja, wieviele Blogposts es jeden Tag hier geben müsste, wenn man nach jeder verletzenden Diskriminierung eines Parteimitglieds auf Twitter hier eine Solidaritätsadresse absetzen würde. Die RSS-Reader würden wohl ob der Frequenz an ihre Grenzen geraten 😉
    .
    2. Welchen Umfang hatte denn die Schmähkritik an Julia und waren die Kritiker denn überhaupt identifizierbar? Nach meinem (möglicherweise unvollständigen) Kenntnisstand, gab es eine, zugegeben heftige, Beleidigung eines anonymen Twitter-Accounts, von dem man nicht mal weiß, ob er Piraten-Mitglied ist. Ich sehe schlicht keine Möglichkeit, gegen anonyme Dreckschleudern mit parteirechtlichen Mitteln vorzugehen. Man kann nämlich auch als politischer Gegner dieser Partei einen anonymen Account aufmachen und anscheinend leider erfolgreich gegen aussichtsreiche Listenkandidaten unserer Partei zu Felde ziehen. Dagegen haben wir doch kein Mittel, dann muss man dann aber auch nicht zwingend davon ausgehen, dass Leute, die solches Zeug schreiben, Piraten waren.

  15. Hm, habe sie lange auf Twitter verfolgt und deshalb bitte, da Ihr sogar eine PM veröffentlicht, reicht „wurde diskriminiert“ nicht, wer hat wann was gesagt? Was ist genau passiert? In ihrem Blogpost sagt sie auch nichts genaues… Beste Grüsse Theresa

  16. Traurig, aber bei 82.Mio. Einwohner gibt es leider genügend Idioten, um einen Menschen wie Julia zur Aufgabe ihres Twitter-Accounts zu veranlassen.

    Schade und @Julia, lass dich nicht kleinkriegen.

  17. … sie bedarf gar keiner Verteidigung, ich fand den Auftritt total mutig, souverän und professionell, das soll jemand ohne Handikap erst mal so hinkriegen. Außerdem ist sie total hübsch.

  18. Deutschland ist noch nicht reif für Inklusion?
    Die Aufforderung auf die eigene Stimme zu verzichten belegt das. Sie kam auch nicht etwa gut gemeint von einem Rhetoriktrainer oder einem PR Berater.

  19. Ich denke, es muß reichen zu wissen, dass es weit, sehr weit unter der Gürtellinie war ohne dass wir nun die genauen Aussagen wiederholen müssen.

    Deafi: es waren leider nicht nur zwei, aber selbst zwei sind zwei zuviel. Mobbing ist nicht weniger schlimm wenn es nur von einem oder zwei ausgeübt wird, anstatt von 50.
    Und was da so teils aus der Gehörlosencommunity kam würde ich nicht mehr ’sachlich‘ nennen.

  20. Teresa; Ich denke, es muß reichen zu wissen, dass es weit, sehr weit unter der Gürtellinie war ohne dass wir nun die genauen Aussagen wiederholen müssen.

    Deafi: es waren leider nicht nur zwei, aber selbst zwei sind zwei zuviel. Mobbing ist nicht weniger schlimm wenn es nur von einem oder zwei ausgeübt wird, anstatt von 50. Und was da so teils aus der Gehörlosencommunity kam würde ich nicht mehr ‘sachlich’ nennen.

    (Vorigen Kommentar bitte löschen. Der Name ist ins falsche Feld gerutscht. Danke.)

  21. Ich finde es zwar auch grundfalsch und unter aller Sau, jemanden Gehörlosen dafür zu kritisieren, dass er seine eigene Stimme benutzt, finde allerdings die Welle, die nun davon gemacht wird, absolut übertrieben. Ebenso finde ich es eine mehr als kindische Reaktion von Jule, den Twitteraccount zu löschen und sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen. Zum einen teilt sie auch ganz gern mal aus und bleibt nicht immer zu 100 Prozent sachlich und zum anderen sollte sie – gerade als evlt. angehende BT-Abg. – mit solchen Dingen umgehen lernen, dann dort wird es ihr noch sehr oft passieren, dass sie zu Unrecht angegangen wird.

  22. Die Verteidigung gegen diese Diskriminierung dürfen wir dabei niemals den angegriffenen Menschen überlassen. Es ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, uns schützend vor Menschen zu stellen, die auf solch unangemessene Weise angegriffen werden, und entsprechende Aussagen mutig und klar zurückzuweisen.

    Ich finde es besser wenn man sich an die Seite der Leute stellt und ihnen den Rücken stärkt. Und nur dann wenn sie es nicht aushalten können, sollte man sich schützend vor sie stellen.

    Wir brauchen keine Gesellschaft in der die Starken die Schwachen nach ihren Wertvorstellungen beschützen. Wir brauchen eine Gesellschaft wo möglichst viele in der Lage sind für sich selbst zu sprechen und ihre Standpunkte zu verteidigen.

  23. Statt „Der Bundesvorstand der Piratenpartei Deutschland und der… stellt sich zusammen mit… schützend vor Julia.“ hätte ich an dieser Stelle geschrieben: … stellt sich solidarisch an die Seite von Julia. Sich „beschützend“ und „vor“ jemand zu stellen klingt sehr nach Old School Behindertenpolitik. Schließe mich Jo W. (Nr.2) an, unterstelle aber niemand Absichten. Der faire Umgang mit Behinderten ist eben nicht einfach und wer diese willentlich beleidigt, ist ein Depp. Jeder kann von einer Sekunde auf die andere behindert sein.

  24. Pingback: Taub, nicht dumm | POLITBLOGGER

  25. Als die Tweets noch sichtbar waren, sah ich auch sehr viel Kritik an der von Gehörlosen eingeforderten Toleranz gegenüber der Toleranz, die die Gehörlosen selbst zeigen.
    Zudem war in den Tweets nachvollziehbar, wie sehr die intensive Nutzung der Gebärdensprache nicht zur Inklusion, sondern zum Gegenteil führt, da das Lesen/Schreiben von Schriftsätzen zur „Fremdsprache“ verkommt.

    Das eingeforderte „Recht“ des Gehörlosen auf Inklusion und Barrierefreiheit beinhaltet selbstverständlich auch die Pflicht, selbst seinen Teil aktiv dazu beizutragen, indem wenigstens das Lesen und Schreiben kommunikationsfähig gelernt wird.

    Die Präsenz und Nutzung von Gebärdensprachdolmetschern ist zwar hilfreich, bedeutet aber letztlich eine Filterung von Informationen für den Kreis der Betroffenen/Nutznießer.

    Schriftdolmetscher sind hier die notwendigere Alternative.

    Schade, dass die Tweets @EinAugenschmaus nun nicht mehr vorhanden (bzw. recherchierbar) sind – sehr zu Lasten der Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

  26. Ich verstehe den Rückzug trotzdem nicht. Es gibt ein schönes Sprichwort, „Was kümmert es die Eiche wenn ein Schwein sich an ihr reibt“. In der Öffentlichkeit gibt es immer unsachliche Äußerungen zu Person und Auftreten. Davon darf man sich nicht fertig machen lassen wenn man in der Politik bestehen will.

  27. Liebe Leute,

    die Art der Angriffe waren sicherlich nicht gerechtfertigt. Aber soll ich euch mal ewtas sagen? Ich bin selber gehörlos und ich, sowie fast alle meiner Bekannten (ebenfalls gehörlos), würden zu gerne auf die Unterstützung von Frau Probst in unserer Sache verzichten.
    Was sie z.B. bei Twitter macht läuft wohl eher unter Profilneurose. Immer nur gegen alles meckern ohne selber Vorschläge/Ideen zu haben. Das beginnt bei Sendungen mit Untertiteln und endet bei Bahnhöfen. Und immer nur ICH ICH ICH ICH !! Andere Meinungen oder gar Kritik läßt sie schon mal gar nicht zu!
    Da bettelt sie lieber ändig darum das man doch ihren Blog toll findet, fordert überall auf doch für sie zu voten bei irgendwelchen Abstimmungen über Blogs.
    Frau Probst kämpft nicht für uns Gehörlose sondern für sich!
    Und das ist das letzte was wir brauchen/wollen!
    Es gibt sicherlich vieles für uns zu verbessern…aber bitte nicht mit Frau Probst!! Und ich hoffe wirklich das sie nicht in den Bundestag einzieht. Dort wünsche ich mir jemanden der uns vertritt und nicht nutzt!!
    Michael

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